Moderate Freiheit - Unverbundene Thesen

(1) Hayek ist falsch in der Annahme, dass sich uns eine bipolare Alternative stellt. Sein "Schiefe-Bahn-Argument" in Road to Serfdom ist dürftig. Lässt man diesen Gedankengang hinter sich, ist moderater Liberalismus, Sozial-Liberalismus, möglich.

(2) So schwierig die Abgrenzung zwischen "positiver" und "negativer" Freiheit zu machen ist: Die Kernthese des Liberalismus besteht in "negativen" Rechten. Nichtsdestotrotz halten wir es für richtig, ein Minimum an Lebensstandard jedem zu garantieren. Es geht hier um viel Rhetorik ("echte" Liberale würden sich vielleicht dem Wort "garantieren" verweigern etc.). Wir können hier verschiedene Grade denken.

(3) Es gibt verschiedene Liberalismen. Deren Unterschied besteht in der Beantwortung der Frage "Warum Freiheit? Wozu Freiheit?". Ich glaube, dass man selten Freiheit als solche schätzt, sondern meist, weil sie den Menschen bestimmte Dinge ermöglicht. Die eigentliche Frage ist also im Menschenbild, und sehr oft in der Einschätzung der Wirklichkeit. (Im Gegensatz zu allem Dogmatismus ist die Frage der Gesellschaftsform für einen Liberalen eben auch eine empirische Frage - und die Empirie scheint zugunsten der Freiheit zu sprechen.)

(4) Die unterschiedlichen Verständnisse von "Chancengleichheit" können den Unterschied zwischen Sozialliberalismus und Libertarismus ausmachen. Hier steht Hayek vs. Rawls.

(5) Libertarismus als Grundhaltung wird sehr wahrscheinlich, sobald man das Privateigentum als absolut (naturrechtlich garantiert) privat sieht. Tut man dies nicht, sind viele interessante Zwischenformen denkbar. Warum Privateigentum absolut sein soll, ist mir zumindest intuitiv schleierhaft.

(6) Der Liberalismus ist im politischen Alltag eine politische Ideologie wie jede andere, in dem Sinne, dass er Gegner hat, mit denen er sich auseinandersetzt, dass es um Macht, Einfluss etc. geht. Doch der Liberalismus will seine Feinde nie vollständig vernichten.

(7) Liberalismus als "Meta-Doktrin" ist eine perfide Strategie (Bestimmte Politikbereiche nehmen wir von vorneherein aus dem staatlichen Betätigungsfeld hinaus, über den Rest mag die Demokratie entscheiden, wie sie mag.). Unglücklicherweise muss jede liberale Partei sich dem politischen Alltag stellen, der keine Meta-Doktrin akzeptieren wird.

(8) Interessante Scheidefrage wieder: Freiheit zur Selbstverknechtung? Darf ein früheres Selbst ein späteres Selbst vertraglich binden? (Eine theoretische Frage, ob wir hier zwei Rechtssubjekte sehen, vielleicht.)

(9) Paternalismus ist falsch. Dem entgegen identifizieren wir aber sehr wohl "höhere" und "niedrigere" Lebensformen, bedienen uns einer Sprache von "Verdienst", "Ehre", "Würde"... Eine Hauptaufgabe liberalen Denkens ist es, diese Diskrepanz zu klären. Wollen wir als Liberale wirklich alles wollen können?

(10) Liberalismus ist immer eine Doktrin engagierten Bürgertums.

(11) Wie regiert der Liberalismus eine Gesellschaft von Teufeln?

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…
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